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Freitag, 5. Oktober 2012

Der Turm – Tellkamp versetzt mich in meine Kindheit

Mit Spannung habe ich auf die Verfilmung des Romans "Der Turm" von Uwe Tellkamp gewartet. Am Mittwoch und Donnerstag (03. und 04. Oktober 2012) lief nun der Zweiteiler in der ARD. Leider habe ich aus Zeitgründen das Buch bisher nicht gelesen, was ich aber demnächst nachholen werde.

Meine Erwartungen waren hoch, hatte der Roman doch im Vorfeld viele gute Kritiken bekommen, auch wenn er sich offensichtlich nicht ganz einfach lesen lässt. Die Geschichte war mir ungefähr bekannt. Ich erwartete keine Stadtrundfahrt durch Dresden, sondern eine Geschichte, erzählt von einem Dresdner, für Dresdner oder sich selbst.

Und ich wurde nicht enttäuscht. Eine schauspielerische Meisterleistung, nicht nur von Jan Josef Liefers, sondern von der gesamten Besetzung. Ich fühlte mich an Zeiten erinnert, als viele Dinge Mangelware waren, die Dresdner Bausubstanz mehr und mehr bröckelte, ich mich vor der Klassenlehrerin rechtfertigen musste, weile ich Mittwochs zur Christenlehre ging, statt zum Pioniernachmittag. Zeiten in denen die Russischlehrerin die gesamte Klasse, ohne uns oder unsere Eltern zu fragen in der DSF (Deutsch-Sowjetischen Freundschaft) anmeldete, Klassenkameraden plötzlich von ein auf den anderen Tag verschwunden waren, weil sie einen Ausreiseantrag gestellt hatten. Wurde der irgendwann genehmigt, mussten sie bis 24 Uhr die DDR verlassen haben. Also viele Dinge die im Film, zum Teil etwas überspitzt, dargestellt wurden.


Ich möchte hier nicht die Handlung erzählen, viele haben den Film gesehen, das Buch gelesen oder können sich anhand von Wikipedia oder unzähligen Rezensionen ihr eigenes Bild machen. Aber ich überlege in welche Rolle ich passen würde. Ich war nicht in Schwedt, nicht bei der NVA und bin auch nicht im Dresdner Stadtteil Weißer Hirsch aufgewachsen. Ich bin im Stadtteil Blasewitz aufgewachsen, unweit der Loschwitzer Brücke, unweit des Stadtteils Weißer Hirsch. In einer alten Bürgervilla, in der man nur einen Raum heizen konnte, die Dielen durchzubrechen drohten und im Kinderzimmer die Eisenbahnschienen aufgrund der Feuchtigkeit rosteten. Der Garten meiner Großeltern liegt an der Grundstraße, also in der Nähe der bekannten Schwebebahn, welche am Beginn zu sehen ist, als Christian Hoffmann nach Hause kommt.

Laut Kritikern soll es sich bei Tellkamps Roman um einen Schlüsselroman handeln. Das heißt, es könnte sich um eine wahre Geschichte handeln. So werden hinter Figuren aus dem Roman reale Personen vermutet. So könnte mit dem Briefmarkenhändler Malthakus Horst Milde gemeint sein. Bei ihm ging ich als kleiner Junge mit meinem Großvater zusammen Briefmarken kaufen. Oder könnte mit Baron Arbogast der Naturwissenschaftler Manfred von Ardenne gemeint sein, an dessen Anwesen ich früher oft vorbei spaziert bin.

Ich war aufsässig, unbequem und habe meine Meinung gesagt. Das kam nicht immer gut an. Ich habe mich versucht ins System pressen zu lassen, was selten gelang. Ähnlich wie Christian Hoffmann. Unzählige Male wollte ich ausbrechen, um etwas zu verändern um dann wieder zwischenzeitliche Vernunft anzunehmen. Nur das ich am Tag X auf der Seite von Christians Mutter stand, (fast) jede Montagsdemonstration begleitet habe und auch die Ereignisse am Dresdner Hauptbahnhof miterlebt habe. Begegnungen wie im Film dargestellt soll es gegeben haben, als der Sohn auf der anderen Seite stand, weil er eben gerade gedient hatte. Sicher eine Situation die das Leben prägte.

Traurig bin ich im Allgemeinen über einige Facebook-Kommentare zum Film. Ist „langweilig“, „schnöde“ oder „habe mehr Dresden erwartet“ die richtige Antwort für einen Teil Geschichte Dresdens oder Deutschlands? Natürlich darf sich jeder seine eigene Meinung bilden, aber warum urteilen gerade Menschen so, welche laut ihren Profilbildern noch nicht mal 20 sind? Sie waren nicht dabei, Ihnen hat es vermutlich keiner erklärt, sie interessieren sich nicht wirklich für die Vergangenheit (?) Was haben sie erwartet? Einen Actionfilm? Wenn es Menschen wie Tellkamp nicht gäbe, würde die Erinnerung aussterben. Genauso wie unsere Großeltern irgendwann nicht mehr über den Krieg und den Untergang Dresdens erzählen können. Und da ist es unerheblich mit welchen Bildern die Geschichte erzählt wird, ob das Krankenhaus Johannstadt in Dresden gedreht wurde oder ob die Kirche in Großröhrsdorf stand. Die Geschichte ist das Wichtigste. Danke Uwe.


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